Der Landschaftspark Goitzsche

Das Sanierungsgebiet Goitzsche mit seinen zahlreichen Tagebaurestlöchern liegt im Zentrum des Bitterfelder Braunkohlenreviers, umringt die Stadt Bitterfeld vom Nordosten bis zum Südwesten und umfasst ein bergbaulich beanspruchtes Areal von 60 km². Die Bergbaufolgelandschaft verteilt sich zu zwei Dritteln auf das Land Sachsen-Anhalt und zu einem Drittel auf die Flächen des Freistaates Sachsen.
Goitzsche hieß ein vor den Toren der Stadt Bitterfeld gelegener 760 ha großer Auenwald mit einer ausgeprägten botanischen Artenvielfalt. Eichen, Weißbuchen, Erlen, Birken, Pappeln, Ahorn, Ulmen, Eschen, Hainbuchen und Weiden bestimmten den Baumbestand. Pflanzen wie Aronstab, Lungenkraut, Trollblume, das große Schneeglöckchen, die Türkenbundlilie und eine Fülle von Orchideen waren keine Seltenheit.
Der sorbische Name des Auenwaldes hat sich im Laufe der Jahrhunderte mehrfach gewandelt. 1220 als "Gotsaw" benannt, treffen wir 1323 auf "Gotsowe" und schließlich am Anfang des 20. Jahrhunderts (bereits vor dem 1. Weltkrieg) wurde das Waldgebiet als "Goitzsche" bezeichnet.
Als ich Kind war, in den Jahren von 1951 bis 1959, besuchte meine Familie die Verwandtschaft in Niemegk mit unserer Kutsche. Es war eine herrliche Fahrt durch den Mischwald der Goitzsche. Nur abends auf dem Nachhauseweg habe ich mich vor den hohen Bäumen und der Dunkelheit gefürchtet und deshalb kuschelte ich mich mit meinen Geschwistern in eine warme Decke. Rechts und links an der Kutsche waren Petroleumlampen angebracht, die durch den Trab der Pferde hin- und herwackelten. Ab 1959 wurde nicht mehr mit der Kutsche, sondern mit dem Auto gefahren. Die Kutsche stand noch viele Jahre in einem Schuppen unseres Bauernhofes. Als der Schuppen anderweitig verwendet wurde, hat mein Vater die Kutsche zerlegt, was ich heute noch sehr bedauere.

Bergbauliche Entwicklung

Über 80 Jahre wurde in 3 Tagebauen Braunkohle abgebaut:

Grube Leopold* 1908-1962
Tagebau Holzweißig-West 1958-1980
Tagebau Goitzsche 1949-1991
*ab 1945 als Tagebau Holzweißig-Ost weitergeführt

Die Einwohner der Ortschaften Paupitzsch, Niemegk, Döbern, Seelhausen und ein Ortsteil von Petersroda mussten umgesiedelt werden.
Wesentliche Folgeinvestitionen waren:

Der Transport von Abraum und Kohle erfolgte im Zugbetrieb. Rohkohlehauptabnehmer waren die Bitterfelder Brikettfabriken, die Kraftwerke Zschornewitz und Vockerode sowie die Industriekraftwerke der Chemie in Bitterfeld und Wolfen.
1991 wurde der Tagebau Goitzsche in die Bergbausanierung überführt.

Ziel der Sanierung der Bergbaufolgelandschaft

Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) betreibt die Bergbausanierung als Projektträger mit dem Ziel der Wiedernutzbarmachung der vom Bergbau beanspruchten Flächen und Herstellung einer öffentlichen Sicherheit. Die erforderlichen Mittel werden auf der Grundlage des zwischen Bund und Ländern abgeschlossenen Verwaltungsabkommens zur Regelung der Finanzierung ökologischer Altlasten bereitgestellt.
Mit der Flutung der zahlreichen Tagebaurestlöcher im Sanierungsgebiet wird das Ziel der Wiederherstellung eines ausgeglichenen Wasserhaushaltes verfolgt.

Wanderrouten im Sanierungsgebiet Goitzsche – Referenzobjekt der Weltausstellung EXPO 2000

Mit der neuen Bergbaufolgelandschaft entsteht südöstlich von Bitterfeld ein attraktives, 60 km² umfassendes Erholungs- u. Naturschutzgebiet mit Buchten, Halbinseln und Inseln. Es wird sich eine Wasserfläche von 13,33 km² herausbilden. Die Seebrücke und der Pegelturm gehören zu den wichtigsten Projekten der künftigen Kulturlandschaft Goitzsche. Dieses architektonisch-künstlerische Element wird Begrüßungs-, Signal- und Symbolfunktion für das Sanierungsobjekt in sich vereinen. Zu Fuß, per Rad oder mit der Tschu-Tschu-Bahn geht es durch die Goitzsche. Drei verschieden lange Radwanderwege führen durch den Landschaftspark: 8 km/10 km/15 km.

Bernstein

Das Bitterfelder Braunkohlenrevier wurde durch den Bitterfelder Bernstein weltweit bekannt. Nachdem das Bernsteinvorkommen bereits 1955 bergmännisch mit angeschnitten wurde, erfolgte ab 1975 eine eingehende Lagerstätten- und geologische Erkundung. Das gewonnene Material wurde vornehmlich für die Schmuckindustrie verwendet. Bis zu 50 Tonnen Bernstein pro Jahr wurden gefördert und sortiert.

Eine Landschaft im Wandel

Noch längst nicht fertig, zeiht die Kulturlandschaft schon jetzt. Es bestiegen etwa 50000 im halben Jahr den Pegelturm im großen Goitzsche-See. Besucher kommen nicht nur aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, sondern auch aus den alten Bundesländern.
Einige Mutige probieren bereits ihre Surfbretter aus.
Es gibt entlang der Wanderwege und an zahlreichen Aussichtspunkten viel Interessantes und Wissenswertes zu erfahren , über eine Landschaft, die jahrzehntelang vom Braunkohlenberg-bau geprägt, heute bereits das Leben von morgen vermittelt.


Quelle: Radwanderkarte der LMBV Bitterfeld, 03/2000